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Wenn private elektronische Geräte im Betrieb eingesetzt werden
Kaffeemaschinen, Teekocher, Radios, Mikrowellenherde und viele weitere Elektrogeräte finden sich in deutschen Betrieben. Obwohl sie mit Strom aus der Steckdose des Unternehmens betrieben werden, werden nur wenige Arbeitgeber darüber zu diskutieren anfangen. Nach einem Arbeitsunfall kann sich das ändern.
Unser Beispiel: ein Mitarbeiter installiert ein privates Radio auf der Fensterbank am Arbeitsplatz, zuvor wurde das Gerät vom Arbeitgeber mit einem Prüfsiegel abgenommen. Als er zu einer Dienstbesprechung muss und daher das Gerät ausschalten wollte, erlitt er bei Berührung mit der Antenne einen Stromschlag. Eine medizinische Beurteilung bestätigte einen Schaden am rechten Schultergelenk und eine daraus erfolgte 20-prozentige Reduzierung seiner Erwerbstätigkeit.
Die Unfallversicherung wurde auf Entschädigung aufgrund eines Arbeitsunfalls in Anspruch genommen. Sie lehnte jedoch ab, da es hierfür an der Unfallursache fehle und die Verletzung auf ein aus dem privaten Bereich mitgebrachtem Gerät zurückgehe. Die vorherige Genehmigung des Radios mit dem betrieblichen Prüfsiegel änderte daran nichts.
Darüber mussten entscheiden:
- Sozialgericht München mit Gerichtsbescheid vom 14.10.2019 –S 9 U 384/18
sowie
- Landessozialgericht München mit Urteil vom 23.09.2020 –L 3 U 305/19
Das Urteil
Die ablehnende Haltung der Unfallversicherung zur Kompensation wurde in allen Fällen bestätigt. Die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) wurde zurückgewiesen.
Die Berufungsrichter in München nahmen den Fall zum Anlass, den Begriff „Arbeitsunfall“ gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII und einschlägiger BSG-Rechtsprechung noch einmal mit großer Sorgfalt zu behandeln. Im Gegensatz zum SG München bestätigten die Berufungsrichter das Bestehen des (erforderlichen) Sachzusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis.
Tätigkeiten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gehören zunächst zur versicherten Tätigkeit und stehen zu dieser in einem notwendigen sachlichen Zusammenhang. Allerdings – und dies war eine wesentliche Weichenstellung im vorliegenden Fall – sind, streng nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 SGB VII nur solche Unfälle auch Arbeitsunfälle, die infolge der versicherten Tätigkeit passieren.
Darüber hinaus stellten die Richter des Berufungsgerichts fest, dass, wie in höchstrichterlicher Rechtsprechung und Literatur anerkannt, nicht jede private Tätigkeit (in diesem Fall das Abschalten des Privatradios vor dem Besuch einer dienstlichen Sitzung) zur Aussetzung des Versicherungsschutzes führe.
Gleichwohl, so das Landessozialgericht, das dem Sozialgericht zustimmte, war eine Unfallkausalität zu verneinen, zumal die versicherte Tätigkeit nicht im Wesentlichen ursächlich für den Unfall war. Im Klartext: Es fehlte am Momentum des „infolgedessen“. Dass das „Unfallradio“ vom Arbeitgeber zur Nutzung am Arbeitsplatz zugelassen wurde, widerspreche nicht der Eigenschaft als privatem Eigentum und privater Nutzung.
Schlussfolgerungen für die Praxis
Ein Verbot der Nutzung sämtlicher privater elektronischer Geräte in allen deutschen Unternehmen und Büros ist unrealistisch und lebensfern. Es ist jedoch empfehlenswert, dass Firmeninhaber Arbeitnehmer über die versicherungsrechtlichen Risiken schriftlich informieren. Insbesondere ist ein Unfall mit einem solchen Gerät (ein anderes Beispiel wären Verbrennungen durch einen von zu Hause mitgebrachten Teekocher) kein Arbeitsunfall, das Risiko liegt im privaten Bereich.
Quelle: arbeitssicherheit.de